Im Rahmen einer „Fraktion vor Ort“-Veranstaltung diskutierten kürzlich die SPD-Bundestagsabgeordneten Steffen-Claudio Lemme und Franz Müntefering mit etwa einhundert Interessierten über die Demographische Entwicklung und die notwendigen Reaktionen darauf.
Nachdem die SPD-Kreisvorsitzende Cornelia Kraffzick und Steffen Lemme, MdB Franz Müntefering recht herzlich im Carl-Schroeder-Saal in Sondershausen begrüßt hatten, hielt dieser einen einführenden Vortrag. Eingangs machte er klar, dass uns der Demographische Wandel keine Angst machen muss, da er Chancen bietet. „Wichtig ist, dass wir nicht der Dinge harren, die da kommen, sondern aktiv sind und auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren“, so Müntefering.
Laut Aussage des ehemaligen SPD-Bundesvorsitzenden wird die Bundesrepublik Deutschland bis 2050 noch zwischen 65 und 70 Millionen Einwohner haben. Dies aber auch nur wenn jährlich bis zu 200.000 Menschen zuwandern.
Dazu kommt, dass die Menschen deutlich älter werden und weniger junge Leute in diesem Land leben. Während früher auf einen Rentner sechs Menschen im erwerbsfähigen Alter kamen, wird das Verhältnis 2050 bei 1 zu 1,5 liegen. Das bedeutet, dass deutlich weniger Arbeitnehmer die Rente für deutlich mehr Pensionäre aufbringen müssen.
Um den Problemen, die sich aus der Demographischen Entwicklung ergeben zu begegnen, muss bei den Jüngsten angefangen werden. Perspektivisch müssen wir es schaffen kostenfreie Ganztagskinderbetreuung sicherzustellen. Auch die Essensversorgung darf den Familien kein Geld kosten.
Darüber hinaus ist ein Umdenken in der Gesellschaft hinsichtlich der Rolle der Frau unabdingbar. Vor allem im Westen der Republik wird die Aufgabe der Frau vornehmlich in der Erziehung der Kinder und dem Führen des Haushalts gesehen. Wir müssen aber die Beschäftigungsquote erhöhen und brauchen so auch mehr Frauen auf dem Arbeitsmarkt.
„An der Stelle befindet sich Schwarz-Gelb auf dem Holzweg. Mit dem geplanten Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder nicht in eine Kita geben, wird genau in die falsche Richtung gesteuert. Das führt dazu, dass vor allem bildungsfernere Eltern ihre Kinder zu Hause lassen und ihnen damit nicht die benötigte Förderung zuteil werden lassen. Mit einer solchen Maßnahmen berauben wir Kinder ihrer Chancen und produzieren die nächste Hartz IV-Generation. Angesichts der Bevölkerungsentwicklung und dem damit einhergehenden Arbeitskräftemangel brauchen wir jeden jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt und können uns nicht weiterhin jährlich 60.000 Schulabbrecher leisten“, so Müntefering.
Wichtig ist in dem Zusammenhang auch die Erhöhung des Anteils ältere Arbeitnehmer. Die Menschen werden älter und das bei relativ guter Gesundheit.
„Heute sind 65 % der 55 Jährigen noch im Arbeitsprozess. Früher waren es lediglich 35 %. Hier sind schon Fortschritte gemacht worden. Die Quote muss sich aber weiter erhöhen. Die Wirtschaft muss älteren Menschen mehr Chancen auf Beschäftigung einräumen, denn diese besitzen Erfahrung, die auch den Unternehmen dienlich sind.
„Die 65-jährigen laufen zwar nicht mehr so schnell wie 25-jährige, aber sie kennen die Abkürzungen“, so der ehemalige Bundesarbeitsminister.
Aus seiner Sicht muss sich auch die Bereitschaft von Rentnerinnen und Rentnern erhöhen, ihre Kompetenzen ehrenamtlich in die Gesellschaft einzubringen. Das können ein paar Stunden in der Woche sein, in denen pensionierte Architekten, Ingenieure, Lehrer oder auch Handwerker ihre Fähigkeiten in den Dienst der Gesellschaft stellen. So können sie in Schulen gehen und jungen Menschen Kenntnisse vermitteln oder auch dazu beitragen, dass die Bibliothek weiter betrieben werden kann. Aber dies kann der Staat nicht alles per Gesetz regeln. Deshalb muss auch hier ein Umdenken stattfinden.
„Es gibt also durchaus Möglichkeiten die gesellschaftlichen Veränderungen zu steuern. Hier müssen allerdings alle mithelfen“, so das Abschlusswort Münteferings.